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Einige nicht veröffenlichte oder nicht mehr zugängliche bzw. vergriffene Texte möchte ich hiermit zugänglich machen (siehe Untermenüpunkte). Dabei sind auch kleinere Übersetzungen, die zum eigenen Vergnügen entstanden sind. Wie Ernst Jünger im Vorwort zu seiner Rivarol-Übersetzung schreibt, ist das Übersetzen eine "Angelegenheit der Muße und des Behagens ... In desem Sinne gehörte die Übersetzung seit jeher zu den höheren Formen des Zeitvertreibs". Und tatsächlich dringt man nie tiefer in einen Text ein als durch seine Übersetzung. Man schmeckt jedes Wort ab, genießt Klang und Nuancen.

Eine dieser in lustvoller Meditation entstandenen Übersetzungen ist der nachstehende Text "Der Kentauer" von dem früh verstorbenen, der Romatik nahestehenden französischen Dichter Maurice de Guérin (1810-1839).
In der Natur sah er "die liebende Begegnung zwischen Gott und der ganzen Schöpfung". Er wollte die Natur "in die eigene Seele einströmen lassen".
Textgrundlage: "Le Centaure", in: G.S. Trébutien: Journal, Lettres et Poèmes. 1864, S.- 375-386. Eine ältere Übersetzung von R.M. Rilke ist in der Insel-Bücherei als Band Nr. 548 erschienen.
                                      
                                            Der Kentaur
                                        Maurice de Guérin
                          (neu übersetzt von Hartmut Sommer ©)

In den Höhlen dieser Berge wurde ich geboren. Und wie der Fluss dieses Tales, dessen erste Tropfen gleich Tränen irgendwo tief im Abgrund einer Grotte vom Fels rinnen, so fiel der erste Augenblick meines Lebens in das Dunkel eines entlegenen Ortes, ohne dessen Ruhe zu stören. Wenn unsere Mütter sich der Niederkunft nähern, wenden sie sich zu den Höhlen, und in den tiefsten, wilden Gründen, im undurchdringlichen Dunkel kommen sie nieder und gebären ohne zu klagen die stillen Früchte, ihnen gleich. Ihre starke Milch lässt uns die ersten Herausforderungen des Lebens meistern, leicht und ohne gefahrvollen Kampf; jedoch verlassen wir unsere Höhlen später als ihr eure Kinderstube. Dies ist so, weil wir meinen, dass der Beginn der Existenz ganz eingezogen und eingehüllt sein muss, wie die Tage, die erfüllt sind von den Göttern. Mein Wachstum blieb fast gänzlich verborgen im Dunkel, in dem ich geboren wurde. Tief unter dem Gebirgsstock war mein Platz, wo mir die Richtung zum Ausgang ganz entfallen wäre, wenn nicht manches Mal die Winde sich gefangen hätten in der Öffnung und mit ihrer Frische und plötzlichen Unruhe zu mir vorgedrungen wären. Und manches Mal auch kehrte meine Mutter zurück, umgeben vom Duft der Täler, wo die Wasser fließen, die sie stets aufsuchte. Nun aber, wenn sie zurückkehrte, ohne mir Kenntnis zu geben von den Tälern und den Flüssen, doch umweht von deren Dünsten, wurde mein Geist unruhig und ich ging auf und ab in meinem Dunkel. Welche sind diese, fragte ich mich, diese da draußen, zu denen meine Mutter sich begibt, und wer herrscht dort so machtvoll, dass er sie immer wieder zu sich ruft? Was erfährt man dort so Gegensätzliches, dass sie jeden Tag so unterschiedlich bewegt von dort heimkehrt? Bald war meine Mutter belebt von einer tiefen Freude, bald traurig und niedergeschlagen, ja wie verwundet, wenn sie zurückkam. Die Freude, die sie mitbrachte, erkannte man schon von Ferne an ihrem Schritt und sie strahlte aus ihren Blicken. Ich erfasste es mit meinem ganzen Sein, aber es war noch mehr ihre Niedergeschlagenheit, die auch mich überkam und meinen Geist mit sich trug zu dunklem Ahnen. In diesen Momenten beunruhigten mich meine Kräfte, ich erkannte darin eine Macht, die nicht für sich bleiben kann und mich ergriff, sodass ich um mich schlug oder meinen Galopp in der Weite des dunklen Raumes beschleunigte. Mit den Schlägen ins Leere und den ruhelosen Schritten, wollte ich erfahren wohin meine Arme reichen und meine Schritte mich führen könnten. Seitdem klammerte ich mich an die Brust der Zentauren, an die Gestalt der Heroen, an den Stamm der Eichen; meine Hände erspürten den Fels, die Gewasser, die ungezählten Pflanzen und die viel feineren Eindrücke der Luft, denn ich hob sie aus den Nächten, so undurchdringlich und still, damit sie den feinsten Hauch erfassen, der Zeichen gibt für meinen Weg; meine Füße, sieh, Oh Melampus! wie sie gelitten haben. Und doch, ganz erkaltet in meinem hohen Alter, gibt es Tage im hellen Licht auf den Bergeshöhen, an denen ich den Lauf meiner Jugend in der Höhle wiederhole, dabei die Arme hochreißend mit dem letzten Rest meiner Beweglichkeit.  

Diese Aufwallungen wechselten ab mit langen Zeiten ohne jede Beunruhigung. Dann fühlte ich allein noch das stetige Wachsen und die Steigerung des Lebens in meinem Innersten. Die Neigung zum Zorn war erloschen, und ich kostete in meiner vollkommenen Ruhe, fern jeder Störung, die Wohltaten, die mir die Götter erwiesen! Stille und Schatten herrschen mit geheimem Zauber über das bewusste Leben. Schatten, die ihr Berge und Höhlen bewohnt, ich verdanke eurer lautlosen, schützenden Gegenwart die Lehrzeit im Verborgenen, die mich so genährt hat, und dass ich unter eurer Hut das vollkommen reine Leben schmeckte, das mir aus dem Quellgrund der Götter zuströmte. Als ich aus eurem Schutz in das Licht des Tages trat, taumelte ich statt es zu begrüßen, denn es übermannte mich mit Macht, es berauschte mich wie von einem unguten Trunk der in mir aufstieg, und ich fühlte, wie mein Selbst, das bis dahin so fest und einfach war, ins Wanken kam und sich verlor, als würde es sich zerstreuen mit den Winden.  

Oh Melampus! wer will vom Leben der Kentauren wissen, welche göttliche Fügung hat dich zu mir geführt, dem ältesten und betrübtesten von allen? Vor langer Zeit hörte ich auf, ihr Leben zu leben. Ich verlasse diese Bergeshöhe nicht mehr, wo mich das Alter festhält. Die Spitzen meiner Pfeile dienen mir nur noch dazu, fest wurzelnde Pflanzen auszustechen; die stillen Seen kennen mich noch, doch die Flüsse haben mich vergessen. Ich möchte dir aus meiner Jugend erzählen; aber mein Gedächtnis ist geschwächt und die Erinnerungen tropfen nur spärlich wie das Trankopfer eines Geizhalses aus einem gesprungenen Gefäß. Von den ersten Jahren konnte ich dir leicht einen Eindruck geben, denn sie waren still und vollkommen; es war ein zurückgezogenes, einfaches Leben, das mich reich beschenkte, das einfach zu erinnern und mitzuteilen ist. Ein Gott, den man bittet, sein Leben zu schildern, fasst es in zwei Worte, Melampus!  

Der Rhythmus meiner Jugend war schnell und voller Unrast. Ich lebte in der Bewegung und kannte keine Begrenzung für mein Ausschreiten. Im Stolz meiner freien Kraft durchstreifte ich die ganze Weite dieser Ödnis. Einmal, als ich einem Tal folgte, wo nur wenige Kentauren anzutreffen sind, entdeckte ich einen Menschen, der am anderen Ufer dem Flusslauf folgte. Es war der erste, der sich mir zeigte, und ich verachtete ihn. Da ist höchstens, sagte ich mir, die Hälfte meines Seins! Wie kurz seine Schritte sind und wie mühsam der Gang. Seine Blicke scheinen voller Trauer umherzuschweifen. Zweifellos ein ehemaliger Zentaur, von den Göttern zu dieser Existenz degradiert und dazu verurteilt, sich so dahinzuschleppen.  

Oft verträumte ich den Tag in den Flüssen. Zur Hälfte eingetaucht paddelte ich leicht und hielt mich ruhig aufrecht, die Armen treibend auf dem strömenden Wasser. Selbstvergessen blieb ich mitten im wallenden Strom, nachgebend dem Zug der Strömung, die mich weit forttrug und ihren wilden Gast zu all den Schönheiten der Ufer mit sich nahm. Wie oft trieb ich, überrascht von der Nacht, auf dem Fluss unter hereinbrechendem Dunkel, mit dem sich die nächtliche Herrschaft der Götter bis in den tiefsten Talgrund verbreitete! Mein unbeherrschtes Gemüt milderte sich, bis nichts blieb als das leise Gefühl eines ruhigen Gleichmaßes in mir, wie in dem Wasser, in dem ich schwamm, der Schimmer der Göttin war, die unsere Nächte durcheilt. Melampus, meinem Alter fehlen die Flüsse; meist friedvoll und einförmig folgen sie ihrer Bestimmung mit größerer Ruhe als die Kentauren und mit einer Weisheit, die wohltätiger ist als die der Menschen. Wenn ich ihren Schoß verließ, folgten mir ihre Wohltaten und begleiteten mich den ganzen Tag, nur langsam sich verlierend wie der Duft eines Parfüms.  

Eine wilde und blinde Unstetigkeit störte meine Schritte. Mitten im kraftvollsten Lauf bremste etwas plötzlich meinen Galopp, als ob ein Abgrund sich vor mir öffnete oder ein hoch aufgerichteter Gott mir entgegen träte. Diese unvermittelte Unbeweglichkeit ließ den alten Zorn erneut in mir aufsteigen. Früher brach ich im Wald die Äste und schwang sie im Lauf über den Kopf; der Lauf war zu schnell, um sich dem Blattwerk mitzuteilen, das nur leise raschelte; doch kaum wurde ich langsamer, griffen Wind und Bewegung ins Gezweige, das mit seinem Raunen antwortete. Wenn ich unvermittelt stockte in meinem ungestümen Treiben in den Tälern, erbebte auch ich bis in mein Innerstes. Ich spürte, wie es dort pochte mit dem feurigen Rhythmus aus dem jagenden Lauf. Meine bebenden Flanken stemmten sich gegen dieses innere Rasen und spürten mit diesem Aufruhr zugleich die Wollust, ein zum Höchstmaß gesteigertes Lebens zu umfassen, wie es sonst nur die Küsten der Meere kennen. Den Kopf zum kühlenden Wind hingeneigt, bedachte ich dabei die Gipfel der Berge, die ich bald erreichen könnte, die Bäume der Ufer und das Wasser der Flüsse, diese mitgenommen von einem trägen Strom, jene fest gegründet in der Erde, bewegt nur in ihrem Gezweige, das dem Wind ausgesetzt ist und unter dessen Stößen raunt. „Ich allein“, sagte ich mir, “ich habe die Freiheit zur unbeschränkten Bewegung und ich jage nach Belieben vom einen Ende dieser Täler zum anderen.“ Ich bin glücklicher als die Wildwasser, die sich von den Bergen stürzen, um nie mehr dorthin zurückzukehren. Der Trommelwirbel meines Laufs ist schöner als das Klagen der Wälder und als das Rauschen der Wogen; er ist der Widerhall des umherschweifenden Kentaur, der sich selbst das Ziel setzt.“ Während also meine bebenden Flanken die Trunkenheit des Laufs verspürten, stieg in mir der Stolz auf, und den Kopf wendend, verweilte ich einige Zeit in der Betrachtung meiner dampfenden Kruppe.  

Die Jugend gleicht den grünenden, im Wind bewegten Wäldern: Sie spendet nach allen Seiten die reiche Gegenwart des Lebens, und immer regiert in ihrem Blattwerk ein vielsagendes Flüstern. Fern der Flüsse lebend, unaufhörlich vom Odem der Kybele belebt, entweder am Grund der Täler oder auf dem Gipfel der Berge, tollte ich umher wie ein blind entfesseltes Wesen. Aber wenn die Nacht, die erfüllt ist von der Ruhe der Götter, mich auf der Berglehne fand, führte sie mich zum Eingang der Höhlen um mich dort zu besänftigten wie sie auch die Wellen des Meeres beruhigt, sodass nur ein leichtes Schwingen nachklingt, das meinen Schlaf abhält, ohne meine Ruhe zu stören. Hingekauert auf der Schwelle meiner Zuflucht, die Flanken im Schutz der Höhle, den Kopf im Freien, verfolgte ich das Schauspiel der Schatten. Dann fiel das fremde Leben, das mich während des Tages umgetrieben hatte, langsam von mir ab, und ich kehrte wieder ein in die friedvolle Hut der Kybele, wie nach dem Regenguss die Tropfen von den Blättern herabfallen und sich wieder mit den Wassern vermengen. Man sagt, dass die Meeresgötter im nächtlichen Dunkel aus ihren Palästen in der Tiefe heraufsteigen und auf den Klippen ruhend ihre Blicke über die Wogen schweifen lassen. So wachte ich, während sich vor mir eine Fülle des Lebens ausbreitete, vergleichbar mit der ruhenden See. Hingegeben an das gegenwärtige und erfüllte Sein, schien es mir, dass ich neu geboren wurde, und dass die tiefen Wasser, in deren Schutz ich war, mich entließen auf die Höhen der Berge, wie ein vergessener Delphin auf dem Treibsand der Rede Amphritrites.  

Ich blickte frei umher und schaute in die weitesten Fernen. Wie die Ufer immer feucht sind, so bleiben die Berge im Abenddämmer übergossen von einem hellen Schimmer, den das Dunkel nur schwer vertreiben kann. Da verharrten die Gipfel im fahlen Schein, nackt und rein. Bald sah ich dort Gott Pan herabsteigen, immer allein, bald den Chor der geheimen Gottheiten oder auch eine Bergnymphe, die vorbeihuschte, berauscht von der Nacht. Manchmal zogen hoch am Himmel die Adler des Olymp, bis sie entschwanden in fernen Weiten oder in den zauberischen Wäldern. Der Geist der Götter, der seine Unruhe mit sich brachte, störte die Ruhe der alten Eichen.  

Du folgst der Weisheit, Oh Melampus, die das Wissen vom Willen der Götter ist, und du irrst unter den Völkern umher wie ein Sterblicher, den das Schicksal in die Fremde geführt hat. Es gibt in dieser Gegend einen Stein, der wie die Seite eines zerbrochenen Instrumentes klingt, wenn er berührt wird, und die Menschen erzählen, dass Apollon, als er seine Herde in diese Wüstenei trieb, auf dem Stein seine Lyra ablegte, die diesem dann die Melodie einschrieb. Oh Melampus, die umherschweifenden Götter haben ihre Lyra auf den Steinen abgelegt, aber keiner … keiner hat sie je vergessen. Zu den Zeiten, als ich im Verborgenen der Höhlen wachte, glaubte ich manchmal, ich könnte die entschlummerte Kybele beim Träumen überraschen, sodass die Mutter der Götter dabei einige ihrer Geheimnisse preisgeben würde; aber ich vernahm nie etwas anderes als leise Stimmen im Raunen der Nacht, oder unverständlichen Worte wie das Murmeln der Flüsse.  

Oh Makareus! Einmal sagte mir der große Chiron, dem ich im Alter nachfolgte: Wir sind beide Kentauren der Berge, aber unser Tun ist entgegengesetzt! Wie du weißt, richtet sich bei meinen Streifzügen all meine Aufmerksamkeit auf die Erforschung der Pflanzen, du dagegen, du gleichst den Sterblichen, die an den Wassern oder in den Wäldern aufgelesene Bruchstücke der Schalmei, die Gott Pan zerbrochen hat, zwischen den Lippen halten. Seitdem die Sterblichen aus diesen göttlichen Überbleibseln den ungezähmten Geist geatmet oder vielleicht manchen geheimen Taumel erfahren haben, dringen sie in die Wüsten vor, durchqueren die Wälder, erkunden die Gewässer, bevölkern die Berge, dabei beunruhigt und getrieben von einer unbekannten Absicht. Die vom Wind verwöhnten Stuten im weit entfernten Skythien sind nicht scheuer als du, nicht trauriger an jenem Abend, als Aquilon sich zurückzog. Such du die Götter, oh Makareus! Und von wo haben die Menschen ihren Ausgang genommen, die Tiere und die Gesetze, denen das Weltfeuer gehorcht? Aber der alte Ozean, Vater aller Dinge, schließt in sich alle Geheimnisse, und die Nymphen, die ihn umringen, singen vor ihm als ewiger Chor, um zu übertönen, was ihm im Schlaf aus halb geöffneten Lippen entschlüpfen könnte. Sterbliche, die Götter rühren können mit ihrer Tugend, empfangen aus deren Händen die Lyra, um damit das Volk zu bezaubern, oder den neuen Samen, um sie zu bereichern, aber erfahren nichts aus ihrem verschlossenen Mund.

„In meiner Jugend hat mir Apollon die Liebe zu den Pflanzen eingegeben und mich gelehrt, aus ihren Adern den wohltuenden Saft zu gewinnen. Seitdem wache ich treu über diese große Wohnstätte der Berge, unruhig, aber stets wieder abgelenkt durch die Suche nach seltenen Kräutern, von deren Heilkraft ich Mitteilung mache. Siehst du von hier aus den kahlen Gipfel des Berges Öta? Herakles hat ihn abgeholzt, um seinen Scheiterhaufen zu errichten. Oh, Makareus, die halbgöttlichen Kinder der Götter breiten das Fell des Löwen über dem Scheiterhaufen aus, und verbrennen sich auf dem Gipfel der Berge! Die irdischen Gifte verderben den göttlichen Anteil am Blut! Und wir, die Kentauren, hervorgebracht von einem kühnen Sterblichen im Inneren einer Wolke in Gestalt einer Göttin, welche Hilfe werden wir von Jupiter erhalten, der den Vater unserer Rasse mit harter Strafe schlug? Die Aasgeier der Götter zerfleischen auf ewig die Eingeweide desjenigen, der den ersten Menschen geformt hat. Oh Makareus, Menschen und Kentauren erkennen als Schöpfer ihres Blutes die Hintertreiber der göttlichen Privilegien, und vielleicht, dass alles, was sie über sich selbst erhebt, nichts ist als eine Beraubung, ein kleiner Splitter in ihrer Natur, von weitem hergetragen, wie Flugsamen, vom allmächtigen Atem des Schicksals. Man hat berichtet, dass Ägeus, der Vater des Theseus, die Andenken und Zeichen am Fuße einer Meeresklippe verbarg, aus denen einst seinen Sohn seine Abkunft erkennen könnte. Die eifersüchtigen Götter vergruben einige dieser Zeugnisse für seine Abstammung; aber am Ufer welches Ozeans haben sie die Steine gerollt, die sie bedecken, oh Makareus?  

Dies war die Weisheit, in die mich Chiron einführte. Zum Greis gealtert, erwog der Zentaur die tiefsinnigsten Fragen. Seine noch immer kühn gereckte Brust war an den Flanken kaum eingefallen, aber mit einer leichten Neigung, wie eine Eiche traurig gebeugt vom Wind, und die Kraft seiner Schritte litt kaum unter der Last der Jahre. Man hat gesagt, dass die Reste der Unsterblichkeit in ihm wohnten, die er einst von Apollon bekam, aber dass er sie diesem Gott zurückgegeben hat.

Was mich betrifft, oh Melampus, ich nehme im Alter ruhig ab wie Sternbilder, die untergehen. Noch einmal sammle ich allen Mut, um die Höhen der Felsen zu erklimmen, wo ich verweile, sei es, um dem unruhigen Spiel der Wolken zu folgen, sei es, um zu sehen, wie die Hyaden, das Regengestirn, am Horizont aufzieht, die Plejaden oder der große Orion; aber ich spüre, wie ich weniger werde und mich rasch verliere wie Schnee, der im Wasser hinwegschmilzt; und dass ich bald eingehen werde in die Flüsse, die im weiten Schoß der Erde strömen.